Die Alpsaison steht vor der Türe und die Vorbereitung sind in vollem Gange. Bevor unsere Nutztiere jedoch z’Alp gehen, sollten einige vorbeugende Massnahmen ergriffen werden, um sie zu schützen. Je nach Alp sind Impfungen als Prophylaxemassnahme sogar vorgeschrieben.
Wie Sie Ihre Tiere bestmöglich vor den weit verbreiteten Augenkrankheiten «Pink Eye» beim Rind und «Gämsblindheit» bei Schaf und Ziege schützen können, haben wir im folgenden Blogbeitrag kurz zusammengefasst.
Pink Eye
Die infektiöse bovine Keratokonjunktivitis (IBK) ist eine Entzündung der Binde- und Hornhaut des Auges von Kühen und im Volksmund wegen ihrem entzündeten, geröteten Erscheinungsbild als Pink Eye bekannt. Pink Eye ist die häufigste Augenerkrankung von Kühen und weltweit verbreitet. Ausgelöst wird die Krankheit durch das Bakterium Moraxella bovis. Dieser Erreger trocknet zwar im Sommer ausserhalb des Körpers rasch aus und verliert so seine Infektiosität, allerdings bleibt Moraxella bovis in den Speicheldrüsen von Fliegen bis zu 72 Stunden infektiös. Daher zählen Fliegen zu den wichtigsten Überträgern der Krankheit, welche deshalb fast nur im Sommer auftritt.
Zu den typischen Symptomen zählt Augenausfluss, zuerst wässrig, später eitrig. Ebenfalls kneifen betroffene Tiere die Augen gerne zu, da die Entzündungsprozesse im Auge, sowie Lichteinfall in erkrankte Augen sehr schmerzhaft sein können. Im Extremfall können Tiere apathisch erscheinen, ihr Fressverhalten reduzieren und durch eine starke Trübung der Hornhaut sogar erblinden, was schlussendlich zu Orientierungslosigkeit und hoher Unfallgefahr führt. Bei aufmerksamer Betreuung der Tiere und raschem Therapiestart können derart extreme Symptome meist vermieden werden.
Je nach Ausmass der Symptome reicht die Therapie von lokaler antibiotischer Therapie mittels Augensalbe bis zur systemischen antibiotischen Therapie. Ausserdem bedarf es häufig entzündungshemmender Medikamente, um die schmerzhaften Symptome in den Griff zu bekommen. Ebenso wichtig wie die beschriebene medikamentöse Therapie sind begleitende Management-Massnahmen: Erkrankte Tiere sollten bis zum Abheilen der Symptome vor direktem Lichteinfluss geschützt werden, ideal ist dabei die vorübergehende Unterbringung in einem Stall. Auch wegen der hohen Infektiosität des Bakteriums und der leichten Übertragung durch Fliegen sollten erkrankte Tiere abgesondert vom gesunden Bestand untergebracht werden.
Weil die Organisation des Einstallens auf vielen Alpen im Sommer schwierig ist, und die korrekte und gewissenhafte medizinische Versorgung betroffener Tiere viel Zeit in Anspruch nimmt, ist die Impfung gegen Pink Eye eine beliebte und sinnvolle prophylaktische Massnahme. Der zugelassene Impfstoff gegen die Krankheit wird einmalig injiziert. Einen 100%iger Schutz bietet die Impfung allerdings nicht, weshalb zur Vorbeugung der Krankheit zusätzliche Mittel zur Bekämpfung von Fliegen und Insekten, sogenannte Repellentien empfohlen sind.
Gämsblindheit
Wie der Name schon sagt, sind von der Gämsblindheit neben Schafen und Ziegen auch Gämsen und Steinböcke betroffen. Der Erreger Mycoplasma conjunctivae trocknet ausserhalb des Auges sehr rasch aus und ist somit nicht lange infektiös. Allerdings stellen Fliegen auch bei diesem Erreger einen sehr bedeutenden Übertragungsvektor dar. Darüber hinaus kann die Krankheit durch direkten Kontakt zwischen infizierten und gesunden Tieren übertragen werden.
Betroffene Tiere zeigen oft vermehrten Tränenausfluss bzw. Augenausfluss aufgrund von entzündeter Binde- sowie Hornhaut. Durch die Entzündung erscheint die Bindehaut rot und die Hornhaut wird bei starkem Krankheitsverlauf getrübt, was bis zur Blindheit führen kann. Kleine Wiederkäuer können durch eine adäquate und rasche Therapie zum Glück meistens vor dem Erblinden gerettet werden.
Ob lokale, antibiotische Therapie oder zusätzlich systemische Antibiotikabehandlung wird anhand der vorliegenden Symptomatik entschieden. Als begleitende Massnahme ist das Einstallen der Tiere bzw. das Unterbringen in schattiger Umgebung sehr wichtig.
Da es keine Impfung gegen die Gämsblindheit gibt, ist die Prävention der Krankheit eher schwierig. Auf keinen Fall sollten Tiere, die Symptome einer Augenentzündung aufweisen in Gruppen zusammengebracht werden, um die Gefahr der Einschleppung der Krankheit sowie seuchenhaftes Auftreten zu verhindern. Auch ist zu bedenken, dass es immer wieder Tiere gibt, die den Erreger ausscheiden, ohne Symptome zu zeigen und somit ein unerkanntes Reservoir für die Krankheit darstellen. Grundsätzlich sind Schafe und Ziegen mit Gämsblindheit von der Alpung im Sommer auszuschliessen.
Es wird davon ausgegangen, dass die Krankheit sporadisch von kleinen Wiederkäuern auf Wildwiederkäuer übergehen kann und umgekehrt. Vor allem durch indirekten Kontakt, zum Beispiel die Verwendung gleicher Lecksteine etc. können Gämse und Steinböcke erkranken. Im Gegensatz zu kleinen Wiederkäuern erhalten betroffene Wildtiere keine adäquate Behandlung und die Erkrankung führt in der Regel durch das Erblinden schlussendlich zum Tod.
Zusammenfassung
Sowohl Pink Eye bei der Kuh als auch die Gämsblindheit bei Schaf und Ziege verursachen eine Keratokonjunktivitis, also eine Entzündung der Binde- und Hornhaut. Somit sind die Symptome beider Krankheiten – trotz unterschiedlichem Erreger – sehr ähnlich. Auch das Management bei Erkrankung (dunkler Stall, Absondern vom Rest der Herde) ist aufgrund ähnlicher Symptome gleich. Bei der Prophylaxe sieht es anders aus: Zwar können Infektionen beider Erreger durch den Einsatz von Repellentien reduziert werden, eine Impfung gibt es aber nur für die Pink Eye-Erkrankung beim Rind.
Quellen:
Schweizer Kälbergesundheitsdienst: Kälbergesundheitsdienst – Aktuelles (kgd-ssv.ch)
Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK): Krankheiten von Schafen, Ziegen und Hirschen